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aus Pappe eingebunden ist, die notwendige Stabilität. So passt
es sich auch unkonventionellen Arbeitssituationen an und er-
möglicht etwa das Zeichnen und Schreiben im Stehen, Gehen,
während der Fahrt mit Kutsche, Schiff und Eisenbahn oder
dem Ritt auf einem Esel. Mit den im 19. Jahrhundert stark
zunehmenden Reisebewegungen, insbesondere der Land-
schaftsmaler, und der immer einfacheren Verfügbarkeit von
Skizzenbüchern in Künstlerbedarfshandlungen erfährt das
Reiseskizzenbuch eine wahre Blütezeit. Obwohl seitdem das
künstlerische Arbeiten unterwegs umdiverse Medien – allen
voran die Fotografie – erweitert wurde und die Welt heute
visuell total erfasst scheint, ist das Skizzenbuch noch immer
als persönlicher Reisebegleiter auf Tour.
AUCH IM ALLTAG
hat sich trotz starker Prägung zahlreicher
Lebensbereiche durch die Digitalisierung bis heute die gesamte
Bandbreite an Notizen, Kritzeleien und Skizzen auf Papier er-
halten. Das Fortbestehen der Kulturtechniken des Schreibens
und Zeichnens scheint mit deren eigentümlichen Potenzial
zusammenzuhängen. Weltweite Initiativen wie das an der
Brooklyn Art Library in New York angesiedelte ›Sketchbook
Project‹ oder das weltweite Netzwerk der ›Urban-Sketchers‹
entwickeln ganz bewusst die analogen Kulturtechniken des
Schreibens und Zeichnens im Skizzenbuch weiter, nutzen
jedoch selbstverständlich digitale Wege, um diese global zu
teilen und sich zu vernetzen.
Wer im Skizzenbuch zeichnet und schreibt nimmt bewusst
eine Haltung heute selten gewordener Gegenwärtigkeit und
Aufmerksamkeit, des Innehaltens und Staunens imFluss der
alltäglichen Gewohnheiten, Begebenheiten und Erlebnisse
ein. Zunächst unscheinbaren, flüchtigen Beobachtungen und
Gedanken kann durch die Aufzeichnung in den Skizzenbü-
chern Dauer verliehen werden. Dadurch bieten diese auch
unmittelbaren Einblick in den vertrauten Kreis der Freunde
links
Max Klinger, 1857–1920, Skizzenbuch »Eine Liebe und Dramen«,
1881–1884, SGSM, L 152.
unten
Otto Faber du Faur, 1828–1901, Skizzenbuch, undatiert,
SGSM, 1965:101 Z.