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konnte Günther die Wirkung der perspektivisch
verkürzten Figuren im Kontext des sphärischen
Anstiegs der Kuppel anschaulich vorführen. Die
gewählte Maltechnik von Kaseinfarben auf Gips
eignete sich zudemhervorragend, umdie farbliche
Wirkung der Freskotechnik zu imitieren.
Wie wichtig eine überzeugende Präsentation für
die barocken Freskanten sein konnte, überliefert
ein Bericht über die Vorstellung des Entwurfs von
Paul Troger (1698-1762) vor der Brixener Dom-
baudeputation. Er führte sein Modell mit einem
verdoppelten Spiegelbild vor, um zu illustrieren,
»wie dieses Gemähl in der hechen [Höhe] zu stehn
khomen werde«.
Eineweitere Formder bis heute erhaltenenEntwürfe
für Deckenmalereien sind schließlich die
ricordi
,
welche die Maler erst nach der Fertigstellung ihrer
Werke anfertigten. Sie dienten zur Archivierung
einmal gefundener Kompositionen im Werkstatt-
betrieb, insbesondere, wenn der
modello
vertrag-
lich dem Auftraggeber zugesprochen war. Solche
ricordi
wurden zur Übung von Schülern kopiert
oder von Sammlern sogar als autonome Kunst-
werke erworben.
Um »gnädigster Herrschaft alle Satisfaction«
geben zu können
Im venezianischem Skizzenbuch des Franz Mar-
tin Kuen (1719-1771) hat sich eine kleine Zeich-
nung erhalten, die zwei angestrengt studierende
Schüler am Zeichentisch wiedergibt. Zu solchen
für die Ausbildung der Künstler der Frühen Neu-
zeit obligatorischenMotivstudien äußerte sich der
in dieser Zeit richtungsweisende Kunsttheoretiker
Giovanni Pietro Bellori (1613-1696) maßgeblich.
Er hob einerseits den künstlerischen Nutzen des
Studiums anderer Künstler hervor, verwies an-
dererseits aber auch auf die drohende Gefahr des
stupiden Plagiates. Stattdessen habe ein Künstler
vielmehr die Aufgabe, »die Vollkommenheiten an-
derer in Eigenes zu verwandeln und damit seinem
Ingenium Nahrung zu geben.«
iesen Weg beschritt auch der schon
zuvor in Süddeutschland als Freskant
tätige Franz Martin Kuen, als er sich
1746 auf den Weg nach Italien begab.
Diese Reisen dienten, wie der Vater
des Kemptener Hofmalers Franz Georg Hermann
(1692-1768) äußerte, der »Perfectionierung« des
eigenen Könnens. Nach der Rückkehr konnte man
sich »gnädigster Herrschaft alle Satisfaction« und
mit den in Italien erlangten Eindrücken gewisse
Marktvorteile sichern. Neben demobligatorischen
Reiseziel Rom zog es Kuen weiter nach Venedig, wo er, wohl aufgrund
seiner beruflichen Erfahrung als Freskenmaler, in der Werkstatt des
aufstrebenden Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770) Aufnahme fand.
Damit folgte Kuen den modernen Strömungen seiner Zeit, denn um
die Mitte des 18. Jahrhunderts gewann Venedig für die süddeutschen
Künstler immer mehr an Bedeutung. Wanderkünstler wie der in Schloss
Schleißheim bei München und in der Benediktinerabtei von Ottobeu-
ren tätige Jacopo Amigoni (1675-1752) gaben sichtbares Zeugnis von der
neuartigen Malweise in der Lagunenstadt. In der ›Serenissima‹ sorgte
insbesondere Tiepolo mit seinen ungewohnt steilen Perspektiven und
weiträumigen Kompositionen international für Aufsehen. Die Aufnah-
me Kuens bei Tiepolo war ziemlich ungewöhnlich, da der Meister sonst
ganz auf die Mitarbeit seiner Söhne setzte und neben den Familienmit-
gliedern nur wenige Gehilfen und Schüler aufnahm.
Kuen ließ keine Gelegenheit verstreichen, umden Vorrat an Tiepolos Ent-
würfen für sein persönliches Motivrepertoire zu vermehren. Sein Skiz-
zenbuch, ein heute imHeimatmuseumWeißenhorn aufbewahrter Schatz,
belegt dies anschaulich. Die darin erkennbaren Gebrauchsspuren über-
liefern uns wertvolle Hinweise auf die Entstehung und Nutzung seiner
Materialsammlung. Farbspritzer am Kartoneinband und Schmutzspu-
ren amBlätterrand weisen auf den steten Gebrauch imWerkstattbetrieb
unten
Auf dem Modell von Johann Baptist Enderle für die Augustiner-
kirche in Lauingen a. d. Donau von 1791 ist die Quadratura gut zu erkennen. Die
vom Künstler gewählte Ausführungstechnik der farbig lavierten
Tusche- und Bleistiftzeichnung entspricht anschaulich der lichten Freskomalerei.
rechts
Die Studie von Cosmas Damian Asam zeigt die Auszeichnung des
hl. Korbinian mit Mitra und Pallium. Die grau lavierte Federzeichnung entstand
um 1724 für die Freisinger Wandfresken und wird heute in der Staatlichen
Graphischen Sammlung München aufbewahrt.
darunter
Anschaulich skizziert Franz Martin Kuen auf diesem Blatt
die für Maler alltägliche Situation des Zeichnens.
© München, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Foto: Markus Hundemer
aviso 1 | 2018
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